Triest und die Sache mit der Vergangenheit …
Villa, oder Castle, Nicolò Bottacain wollte beides. |
Es ist quasi unmöglich einen Schritt im historischen Teil
von Triest zu tun, ohne auf das alte Triest der Monarchie zu stoßen. Zugegeben,
wir wohnten jetzt nicht im brach liegenden Hafen-Areal an der Küste, aber dennoch:
Zu einem kulanten Preis residierten wir in der Villa Bottacin (1854), am
steilen historischen Hinterland sozusagen, ein interessantes vom Denkmalamt
geschütztes Objekt, welches baulich auffallend ist. Italienische Baukunst
mischt sich mit viktorianischer, besonderer Hammer: Der schottische Turm. Das
muss ein absolut Durchgeknallter gewesen sein, im positiven Sinne, der sich
dies erdachte. Gebaut hat es der Schweizer Architekt G. Bernardi, der Geist der
dahintersteckt ist jedoch jener von Nicolò Bottacin.
Ausblick aus dem Zimmer: Die ehemalige psychiatrische Klinik, heute Teil der Uni Triest. |
Tatsächlich muss der Venezianer ein genialer und zugleich
einflussreicher Zeitgenosse gewesen sein. Bottacin war Botaniker, die Berufsbezeichnung
Botaniker löste zur der Jahrhundertwende Bewunderung aus, Reisen in ferne
Länder, das Finden von unbekannten Pflanzen und die Verschiffung nach Europa –
heute würde man den Herrn wahrscheinlich Gartendesigner oder
Gestaltungskünstler nennen, denn Signore Bottacin war ein Freund von Erzherzog
Ferdinand Maximilian von Österreich und einer der Federführenden in der Gestaltung
des Gartens von Maximilians Schloss Miramar, an der Bucht von Grignano, (also
nix Lignano ;) das am Karstzinken von Triest, wo so schwer Parkplätze zu
bekommen sind und zumindest diesen Sommer der berühmte Schlossgarten recht
fesch zugewachsen war.
Auf den Karst gebaut: Schloss Miramar und der Garten. |
Zugewachsen gefällt mir in diesem Punkt, denn dieser Blog
soll keine Monarchie-Schmeichelei sein, von der gibt’s eh genug und André
Hellers nostalgische Genialität nicht die meine ist, gehen wir einen Schritt
weiter. Bottacin war Politiker, Botaniker, auch eine Art Künstler, ein Mann der
sich umsetzte, nicht umsonst ziert in Padua ein Museum noch seinen Namen und
zeigt seine Schätze – so nebenbei war es auch nicht unspannend, kurz einmal am
Abend im Garten der Villa Bottacin zu verweilen, im Gedanken, dass hier
Maximilian und Gefolge aus und ein gingen, die Gartengestaltung planten, bevor
sie sich in das waghalsige Abenteuer Mexiko stürzten, das ja bekanntlich für
den Maxi und seine Charlie ein eher ungünstiges Ende nahm.
Nix Dschungelcamp, sondern Schlossgarten, ein bisserl verwildert. |
Triest in das Meer gebaut. Möglichkeiten gibt's wo Menschen wild denken. |
Nein, es geht eher um die Vision, die man hatte und auch
durchführte, eine rüde Karstlandschaft rund um das Schloss in einen blühenden
Garten mit Gewächsen aus aller Welt zu verwandeln, gleich, wie Triest, wo die
großen Plätze und Straßen, die am Reißbrett entworfen sein mussten auf
trockengelegte Salinen ins Meer gebaut wurden. Eine visionäre Bauwut sozusagen,
aber auch die Möglichkeit, Kreative, Spinner und Grenzgeniale einen Ort des
Wirkens zu geben. Möglichkeiten, von denen man heute nicht einmal zu träumen
wagt, und das nicht nur in Triest. Aber: Der Mut zur Vision kostet nichts.
Ciao, čáo und tschüss,
Wa.